Wie alles begann

Von Meister Li Junfeng

Meister Li JunfengSchon in jungen Jahren begann ich mich für Medizin und Philosophie zu interessieren. Als junger Mann war ich fasziniert von der Dynamik der menschlichen Beziehungen und dem Zusammenspiel des Universums. Vielleicht beeinflusste und inspirierte mich auch mein Großvater, ein vorzüglicher chinesischer Arzt.

Da ich die Naturwissenschaften liebte, legte ich nach der High School die Aufnahmeprüfung für die medizinische Fakultät ab. Doch das Schicksal hat oft seine eigenen Pläne. Obwohl ich auch an Sport interessiert war, sah ich in ihm nur einen Zeitvertreib. Trotzdem studierte ich an der Hochschule für Leibesübungen fünf Jahre lang Wushu (chinesische Kampfkunst) als Hauptfach. Bald wurde ich Cheftrainer des Pekinger Wushu-Teams und der Wushu-Nationalmannschaft der Volksrepublik China. Mein Leben als Trainer machte mir enormen Spaß. Im Laufe meiner Karriere errangen meine Schüler bei nationalen und internationalen Wettkämpfen insgesamt 70 Goldmedaillen. Unser Team was zwölf Jahre lang ohne Unterbrechung chinesischer Meister.

Im Jahr 1982 — wieder aufgrund der Umstände, nicht aus eigenem Antrieb — bekam ich die Hauptrolle in einem mit Spannung erwarteten Film, obwohl ich als Schauspieler keine Erfahrung hatte. Meine Laufbahn als Schauspieler begann mit dem Streifen „Wu Lin Zhi“ (Die Ehre des Dong Fang Xu), der im Land überaus erfolgreich war. Tagsüber war ich nun Schauspieler, abends Trainer. Ruhm und Erfolg waren von jetzt an meine ständigen Begleiter, und dank der Medien und anderer Filme, in denen ich mitspielte, war mein Name bald ein Begriff. Das alles brachte Aufregung in mein Leben und machte mich glücklich. Aber ich spürte immer, dass mir etwas fehlte. Ich wusste, dass ich mich nach innerer Entwicklung sehnte, nach spirituellem Wachstum.

Meister Li JunfengWährend meiner gesamten Karriere als Trainer lernte ich bei vielen berühmten Meistern Qigong. Zwar verstand ich damals das Wesen des Qigong nicht wirklich, doch ich wusste, dass es um innere Entwicklung ging. Ich suchte einen Meister nach dem anderen auf, und alle waren gerne bereit, mit einer Berühmtheit zu üben.

Zu diesem Zeitpunkt begegnete ich Gong Chang, einem einfachen, kaum bekannten Meister aus dem Landesinneren. Dank innerer Führung ging er in die Stadt, fand mich und sagte mir, ich hätte eine Aufgabe zu erfüllen. In nur dreißig Minuten lehrte er mich eine einfache Meditationstechnik, die, wie ich später erfuhr, Zhongtian Yiqi Gong hieß. Ich übte, was er mir beigebracht hatte, und ich wusste schon damals, dass diese Methode sich von allem unterschied, was ich bisher gelernt hatte. Was mich faszinierte, war nicht so sehr der Mann, sondern eher die Technik, die dahinter stehende Philosophie und das, was sie in mir bewirkte.

Ich übte die Bewegungen mit ihren vielen Facetten täglich und konnte die Einheit des Menschen mit dem Himmel und der Erde spüren. Ich erfuhr das ganze Universum in mir. Nach und nach verlagerten sich alle meine Interessen und der Schwerpunkt meines Lebens dorthin. Dass mir jemand sagte, ich hätte eine Aufgabe, kam mir sonderbar vor; aber ich war von den Übungen begeistert, und das trieb mich vorwärts. Durch ständiges Üben und göttliche Inspiration während des Meditierens erschlossen sich mir die vielen Bewegungsformen und die damit verbundenen Kontemplationen und Lehren.